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Das Erfordernis der dreijährigen Tätigkeit im Rahmen des Verzichts zu Gunsten der Anstellung bei Vertragsarzt oder MVZ

Erstellt von Rechtsanwalt Prof. Dr. Peter Wigge und Rechtsanwalt Hendrik Hörnlein | | Publikationen

in: RöFo 02/2022, S. 220-226

Die Bundesrepublik Deutschland steht in den nächsten Jahren vor einem erheblichen demographischen Wandel. In den nächsten Jahren wird die Babyboomer-Generation in den Ruhestand bzw. Rente gehen. Die gleiche Altersentwicklung zeigt sich in der vertragsärztlichen Versorgung. Das Durchschnittsalter der Ärzte und Psychotherapeuten in der vertragsärztlichen Versorgung ist in den vergangenen zehn Jahren von rund 52,7 (2011) auf 54,2 (2020) Jahre gestiegen.

Mit dem nahenden Ruhestand geht für Vertragsärzte die Überlegung der Praxisübergabe bzw. der wirtschaftlichen Verwertung der Praxis einher. Zum wesentlichen Unternehmenswert einer Praxis gehört im Rahmen des immateriellen Werts unter anderem insbesondere die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 95 Abs. 2 S. 1 SGB V. Dies ist dann von wesentlicher Bedeutung, wenn für die Arztgruppe des abgebenden Vertragsarztes gemäß § 103 Abs. 1 S. 1 SGB V Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind. Denn dann kann der übernehmende Arzt oder Psychotherapeut die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung nicht im einfachen Antragsverfahren erlangen.

Zur „Übertragung“ der Zulassung auf eine andere Rechtsperson bestehen in diesem Fall zwei rechtliche Möglichkeiten. Entweder der Vertragsarzt stellt gemäß § 103 Abs. 3a S. 1 SGB V einen Antrag auf Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens gemäß § 103 Abs. 4 SGB V und verzichtet anschließend auf seine Zulassung oder der Vertragsarzt verzichtet auf seine Zulassung, um gemäß § 103 Abs. 4a, Abs. 4b S. 1 SGB V bei einem anderen Vertragsarzt oder einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) als angestellter Arzt tätig zu werden.

In unserem Beitrag legen wir den Fokus auf letztere Möglichkeit, vor dem Hintergrund eines Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 04.05.2016, Az.: B 6 KA 21/15 R. In diesem hat das BSG entschieden, dass das Recht zur Nachbesetzung einer Arztstelle grundsätzlich nur dann bestehe, wenn der Arzt dort mindestens drei Jahre tätig war, oder – wenn er früher ausscheidet – jedenfalls ursprünglich die Absicht hatte, dort mindestens drei Jahre tätig zu sein (die „Drei-Jahres-Frist“). Die Entscheidung betraf nach dem Sachverhalt nur ein MVZ. Die hierbei aufgestellten Rechtsgrundsätze sind jedoch auf Berufsausübungsgemeinschaften (BAG) zu übertragen.

In unserem Beitrag soll die rechtliche Begründung der Drei-Jahres-Frist, deren grundsätzliche Voraussetzungen und Ausnahmen von derselben dargelegt und hierzu kritisch Stellung genommen werden.

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